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Dieses Thema hat 4 Antworten
und wurde 201 mal aufgerufen
 Historisches Forum
Bernhard Offline




Beiträge: 282

13.02.2021 13:29
Période McIntosh in Belgien Antworten

Hallo zusammen,

nachdem es in unserem "Kopf" oben heißt, "mit Belgien...." heute mal ein Ausflug in die Geschichte der Eisenbahnen in Belgien zur Zeit der Belle Epoque.

In den Normen europäischer Modellbahnen (NEM) steht in der Epocheneinteilung für Belgien (NEM 802B):

Epoche I Periode d - 1896 - 1912 - "Nach Belpaire, erneut wieder englischer Einfluss und Oberhand im Lokomotivbau"

Aber wie kam es dazu?

Die Geschichte des Dampflokbaus in Belgien (aber nicht nur dort) wurde sehr von Alfred Belpaire bestimmt. Er war ein hochverdienter belgischen Maschinenbauingenieur, der bereits 1840 als Volontär zu den belgischen Staatsbahnen kam. Mehr als fünfzig Jahre war er im Maschinendienste tätig und bekleidete viele Jahre die Stelle eines Ingenieur en chef. Unter den vielen Neuerungen, die seinen Namen in der technischen Welt weltweit bekanntmachten, ist an erster Stelle die "Belpaire-Feuerbüchse" zu nennen.

1897 änderte sich das, mehr oder weniger durch die Weltausstellung in Brüssel. Die schottische Caledonian Railway (CR) und deren damaliger Chefkonstrukteur John F. McIntosh waren so stolz auf ihre neuen Dampflokomotiven der Baureihe 766, dass sie auf der Brüsseler Ausstellung eine der Maschinen ausstellten. Sie gewann nicht nur eine goldene Auszeichnung, sondern die Belgischen Staatsbahnen (ETAT belge) bestellte sogleich fünf dieser Lokomotiven. Diese wurde bei der schottischen Lokomotivfabrik Neilson, Reid & Co. in Glasgow gebaut und 1898 geliefert.


Quelle: Das Bild stammt aus dem Bildarchiv der ETH Zürich, eine höhere Auflösung gibt es hier. (Public Domain)


Nach erfolgreichen Tests ließen die Belgischen Staatsbahnen zwischen 1899 und 1901 bei einheimischen Lokomotivbauern weitere 90 solcher Lokomotiven bauen. In Belgien wurden diese als EB Type 17 klassifiziert. Die fünf 1898 aus Schottland gelieferten Maschinen konnte man lange Zeit ganz leicht von den Nachbauten unterscheiden. Sie wurden in einer preußisch blauen Lackierung geliefert, wie sie auch bei der CR verwendet wurde. Erst 1914 wurden sie umlackiert.

Basierend auf diesem Typ entstanden in den Jahren bis 1910 viele weitere belgische Baureihen (Type 14 bis 20), was dazu führte, dass man den Zeitraum von 1898 bis 1910 in Belgien auch als Régime McIntosh bezeichnet, da diese Baureihen alle von seinen Entwürfen für die CR abgeleitet waren. Auch die Güterzuglokomotiven der Baureihe 812 der CR wurden von den Belgiern nachgebaut (EB Type 30).

Mit dem zunehmenden Einfluss des belgischen Lokomotiv-Konstrukteurs Jean-Baptiste Flamme, war es dann aber bald wieder vorbei mit dem britischen Einfluss.

Trotzdem: An der bemalten Decke des 1912 neu gebauten Bahnhofs Gent-Sint-Pieters finden sich sogar acht kreisförmig angeordnete Abbildungen einer Dampflok die stark von den schottischen Lokomotiven inspiriert sind. (Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:...tersstation.jpg)

Weitere Informationen zu diesen belgischen Baureihen findet man im Britische Bahn Wiki:
http://britbahn.wikidot.com/cr-721-class (EB Type 17)
http://britbahn.wikidot.com/cr-812-class (EB Type 30)

Viele Grüße
Bernhard

Trainbleu Offline




Beiträge: 165

13.02.2021 15:15
#2 RE: Période McIntosh in Belgien Antworten

Hallo Bernhard,

sehr interessant. Danke
Man sieht, trotz des damals so weit verbreiteten Nationalismus (heute wieder) hat man Erfahrungen aus allen Ecken der Welt gesammelt und war sich nicht zu schade diese auch auszuprobieren.


Gruß
Volker

Bernhard Offline




Beiträge: 282

13.02.2021 17:14
#3 RE: Période McIntosh in Belgien Antworten

Hallo Volker,

damit hast Du sicher Recht, aber nur, wenn ein Land etwas nicht selber konnte, und die Briten nur sehr selten. Nun gut, hier wurde ja die Dampflok erfunden, aber trotzdem, die Briten hatten bis zum 2. Weltkrieg gerade mal um die 130 Loks in anderen Ländern gekauft, und das auch nur wegen eines sehr langen Streiks von 1897 bis Frühjahr 1898 in der britischen metallverarbeitenden Industrie, bzw. weil sie etwas eben nicht selber bauen konnten, wie Zahnradlokomotiven.

Wenn ich mir vorstelle, dass die Französischen Gesellschaften im Laufe der Zeit viele hunderte von Dampfloks in Großbritannien bauen liesen, umgekehrt haben aber britische Bahngesellschaften gerade mal 3 !! Dampfloks aus französischer Fertigung gekauft

Heute ist das natürlich anders, klar, heute kauft man da wo es gut und billig ist

Viele Grüße
Bernhard

Stephan Offline




Beiträge: 137

13.02.2021 17:59
#4 RE: Période McIntosh in Belgien Antworten

Hallo Bernhard

Die Lok hat echt was! Hätte diese niemals nach Belgien verortet, sondern klar nach GB.

Interessante Fakten, die Du da aufzeigst.

Gruß, Stephan

Bernhard Offline




Beiträge: 282

27.03.2021 21:55
#5 RE: Période McIntosh in Belgien Antworten

Hallo zusammen,

hier noch eine Lokomotive die nicht belgisch aussieht, aber auch nicht britisch und trotzdem um 1900 durch Belgien fuhr:



1899 bestellten die Belgischen Staatsbahnen 12 von Baldwin in den USA gebaute Lokomotiven, die als EB type 31 bezeichnet wurden. Da diese Lokomotiven enttäuschende Ergebnisse erzielten, beschloss man in Belgien dafür die schon oben erwähnten Maschinen der Caledonian Railway nachzubauen (EB type 30).

Baugleiche Maschinen bestellten übrigens 1899 sogar die Briten in den USA, wen es interessiert: http://britbahn.wikidot.com/amerikanische-dampflokomotiven

Viele Grüße
Bernhard

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